Plötzlich spürte ich, wie es tief in mir ganz leicht, aber ganz eindeutig „Klick“ machte. Das Gefühl hatte ich erst einmal im Leben – nämlich bei Marlenes Geburt. Aber war tatsächlich meine Fruchtblase geplatzt? Ganze 2 Wochen zu früh? Ich war doch noch gar nicht bereit und wollte an diesem Wochenende noch so viel erledigen… Aber ja – unser kleiner Mann hatte andere Pläne und hat uns alle ziemlich überrascht… Das war die Geburt unseres kleinen Martins:
Mein Geburtsbericht
Für mich war eigentlich immer klar, dass ich auch dieses Mal wieder einen Geburtsbericht schreiben würde – ich bin so froh, dass ich den von Marlenes Geburt immer wieder lesen und mich an meine wahnsinnig tolle erste Geburt erinnern kann. Den Beitrag findet ihr übrigens hier: Willkommen kleine Marlene: Mein Geburtsbericht
Doch meine zweite Geburt war anders… ganz anders. Heftig, schnell – und extrem schmerzhaft. Deshalb an dieser Stelle eine Trigger-Warnung: Bitte lest nur weiter, wenn ihr das wirklich lesen möchtet! Natürlich bzw. zum Glück ist jede Geburt anders und einzigartig und man kann sich wünschen, wie sie letztendlich wird.
Cranio Sacral & unbewusste Anzeichen
Grundsätzlich gab es so viele Parallelen zu Marlenes Geburt: Ich habe mich wieder mit Akupunktur und Cranio Sacral vorbereitet, hatte freitags meinen Cranio-Termin und samstags kamen die Babies zur Welt. Doch eigentlich hätte ich gedacht, dass ich noch eine Woche länger hätte, immerhin war es erst mein zweiter Termin, wobei ich schon ein bisschen drauf vorbereitet wurde, dass es sein könnte, dass sich der Babybub früher auf den Weg machen wird und es nicht mehr bis zum ET aushalten würde. Auch Marlene kam schon eine Woche zu früh und das, nachdem meine Cranio Sacral-Therapeutin einen speziellen Griff gemacht hat… Den ich bei Martin für den Freitag danach „geplant“ bzw. mir gewünscht hätte (fast alle Babies kommen 1-2 Tage nachdem meine Therapeutin den Griff bei ihren Patientinnen gemacht hat… natürlich nur, wenn die Kleinen aber auch wirklich bereit dafür sind). Ich habe direkt nach meinem Cranio-Termin meine Schwester angerufen und ihr gesagt, dass sie sich vielleicht mal drauf einstellen soll, dass das Baby sich nicht mehr zwei Wochen Zeit lässt, sondern eventuell wieder früher kommen kann. Meine Schwester war nämlich so lieb und ist für ein paar Tage nach OÖ gekommen, um auf Marlene aufzupassen, während ich im Krankenhaus bin und Matthias noch arbeiten muss… Jedenfalls meinte sie nur, dass sie eigentlich erst am Montag ihren Koffer packen wollte – zum Glück hab ich gesagt, dass sies ja schon früher machen kann, weil mans ja wirklich nicht sagen kann, wann es losgeht.
Eigentlich hätte ich es mir wirklich denken können, dass es an diesem bzw. am nächsten Tag losgehen würde… Ich habe nämlich an diesem Freitag, den 19. März, das komplette Haus aufgeräumt und geputzt, 4 (!) Trommeln Wäsche gewaschen (bitte welcher Mensch wäscht denn an einem Tag 4 Trommeln Wäsche, obwohl er absolut keinen Grund dazu hat… und nur ein Kind?) und hab abends um 22 Uhr begonnen, meine Kliniktasche noch einmal durchzusehen und neu zu ordnen. So komisch, aber ich hatte an dem Tag wirklich so ein inneres Verlangen, das alles noch zu tun! Und es heißt ja immer, dass man einen unfassbaren Tatendrang hat, kurz bevor die Geburt losgeht… bei mir war es schon vor 2 Jahren so – und jetzt noch ärger! Am Samstag wollten wir noch Marlenes neues Zimmer auf Vordermann bringen und hübsch dekorieren und am Sonntag hätte ich Matthias & Marlene einen ganzen Tag zu den Schwiegereltern geschickt, um noch einiges abzuarbeiten… aber wie wir bereits wissen, wurde daraus nichts…
Der Blasensprung
In den Tagen/Wochen davor bin ich eigentlich immer schon gegen 21 Uhr schlafen gegangen, an diesem Abend erst um 23:30 Uhr, weil ich noch so viel „durchboxen“ wollte… Aber obwohl ich so spät ins Bett gekommen bin, habe ich die erste Nacht seit Langem wieder richtig gut geschlafen- ich war nur einmal kurz wach und fühlte mich in der Früh so richtig ausgeschlafen und voller Energie. Marlene kam zu uns ins Bett gekrochen, wir haben ganz lange gekuschelt und gegen 7 Uhr war es soweit: Plötzlich spürte ich, wie es tief in mir ganz leicht, aber ganz eindeutig „Klick“ machte. Das Gefühl hatte ich erst einmal im Leben – nämlich bei Marlenes Geburt. Aber war tatsächlich meine Fruchtblase geplatzt? Ganze 2 Wochen zu früh? Ich war doch noch gar nicht bereit und wollte an diesem Wochenende noch so viel erledigen…
Da bei Marlenes Geburt das Wasser wie im Film herausgeschossen ist, war ich mir dieses Mal überhaupt nicht sicher, ob es wirklich der Blasensprung war… Es war nur ein komisches Gefühl, aber die Wassermassen blieben erstmal aus, weshalb ich gar nichts gesagt habe. Ich ging gemütlich aufs WC und ließ mir ewig Zeit, weil ich einfach so ein komisches Gefühl hatte… und irgendwann war mir klar – ach du Scheisse, das war tatsächlich der Blasensprung! Denn obwohl ich eigentlich schon fertig war, tropfte es immer noch aus mir heraus. Ich gab Matthias Bescheid, dass ichs glaube, aber mir nicht ganz sicher bin… doch eigentlich schon, aber irgendwie auch nicht… dass wir wohl besser ins Krankenhaus fahren sollten um das abklären zu lassen. Mein Papa sollte sowieso an diesem Vormittag auf Marlene aufpassen, damit wir zuhause in Ruhe werken konnten – so wurde es ein bisschen früher… und dauerte „ein bisschen“ länger. Übrigens haben wir genau wie vor Marlenes Geburt noch schnell zuhause geduscht und Matthias hat wieder ein Müsli gezaubert (dieses Mal wars das beste, das ich jemals gegessen habe!) bevor wir uns auf zum Krankenhaus gemacht haben.
Check-in im Krankenhaus
Ich habe mich wieder für eine Entbindung bei den Barmherzigen Brüdern in Linz entschieden, weil ich schon vor 2 Jahren absolut zufrieden war (jetzt auch wieder zu 100%!). Gegen 8:30 Uhr haben wir das Krankenhaus betreten und ich ging davon aus, dass uns nur mehr ein paar Stunden von unserem Sohn trennen würden – immerhin ging schon Marlenes Geburt recht schnell und es heißt ja immer, dass die zweite Geburt noch schneller ginge… was letztendlich auch bei mir der Fall war, aber dazu später mehr!
Es ging gleich mal los mit CTG schreiben und einem Coronatest. Obwohl wir beide unseren Bescheid mithatten, dass wir schon Corona-positiv waren, wurden wir getestet und mussten auf das Ergebnis warten, bis ich aufs Zimmer durfte (Matthias durfte ohnehin nur während der einstündigen Besuchszeit auf mein Zimmer). Solange konnten wir im Wintergarten warten, wo wir beide unser mitgebrachtes Müsli verspeist haben. Gegen 11 Uhr kam dann das (negative) Testergebnis und ich musste mich entscheiden: Entweder gemeinsam mit Matthias weiter im (kalten) Wintergarten warten oder alleine ins Zimmer und mich dort gemütlich ausruhen. Da leider noch absolut keine Wehen in Sicht waren, entschied ich mich für Zweiteres und Matthias besuchte in der Zwischenzeit einfach Freunde in der Nähe.
Warten, warten, warten
Dann ging das große Warten los. Ich hatte nicht am Schirm, dass es ewig dauern kann, bis nach einem Blasensprung die Wehen einsetzen… Bei Marlene ging es damals von alleine ca. 3-4 Stunden nach dem Blasensprung los – dieses Mal leider nicht. Zuerst versuchten wir es mit alternativen Mitteln: Ich süffelte eine Kanne Wehentee, massierte meinen Bauch mit Wehenöl und bekam noch eine wehenfördernde Akupunktur… doch irgendwie schien nichts zu helfen. Mir wurde gesagt, dass es oft Tage (!) dauern kann, bis auf natürlichem Weg Wehen einsetzen – das gab mir einen richtigen Dämpfer… immerhin hatte ich mich zu diesem Zeitpunkt total mental auf die in Kürze bevorstehende Geburt eingestellt… tja, denkste! Mir wurde eine Einleitung nahe gelegt, vor der ich zuerst richtig Schiss hatte – immerhin kannte ich so viele Horrorgeschichten (und kann jetzt auch meine eigene dazuzählen)…
Es geht los…
Da trotz der vielen alternativen Mitteln überhaupt nichts weiterging, wollte ich mich dennoch darauf einlassen – eventuell noch Tage zu warten hätte ich mental wirklich nicht geschafft. Ich musste mich entscheiden, ob ein Bändchen gelegt werden soll (wollte ich absolut nicht, da ich von einigen Bekannten wusste, dass es da von 0 auf 100 losgeht und richtig heftig ist) oder ich (mehrere) Kapseln schlucken wollte. Um 15 Uhr kam Matthias wieder zu mir ins Krankenhaus und für mich gab es um diese Zeit meine erste Kapsel (alle zwei Stunden hätte ich wieder eine schlucken sollen). Es passierte wieder nichts… bis um 16:30 Uhr mein Abendessen am Zimmer serviert wurde und ich während des Essens plötzlich richtig heftige Wehen bekam. Ich stoppte die Zeit – alle 2 Minuten hatte ich für 1 Minute lang Wehen, die ich schon richtig veratmen musste, weil sie echt weh taten. Ich hatte mich im Vorfeld ja wieder mit Hypnobirthing auf die Geburt eingestimmt und war da noch voller positiver Gedanken und hab mich richtig über die Wehen/Wellen gefreut. Ich habe schnell das Essen in den Wehenpausen runtergeschlungen und mich langsam auf den Weg zum Wintergarten gemacht, wo Matthias auf mich gewartet hat… Gegen 17 Uhr sind wir wieder zum Kreiszimmer gekommen, da ich da ja eigentlich die nächste Kapsel bekommen hätte sollen, die ich mir natürlich gespart habe. Mein Muttermund wurde kontrolliert – ich hatte schon 2 Zentimeter geschafft. Danach sind wir ein bisschen im Krankenhaus herumspaziert, wo ich immer wieder stehen bleiben und Wehen veratmen musste. Irgendwann ging es wirklich nicht mehr und wir sind ins Kreiszimmer gekommen, wo wieder mein Muttermund kontrolliert wurde – 6 Zentimeter!
„Sicherheitshalber“ folgt hier nochmals eine Trigger-Warnung… Bitte lest wirklich nur weiter, wenn ihr nicht unmittelbar vor einer Geburt steht bzw. das auch wirklich aushaltet!
Negative Gedanken und eine Schmerzwelle nach der anderen
Innerhalb von einer Stunde ist der einfach um 4 Zentimeter verstrichen und es wurde extrem schmerzhaft. Die Wehen kamen immer schneller und wurden immer heftiger und genau zu diesem Zeitpunkt (18:30 Uhr) war Schichtwechsel bei den Hebammen. Ich glaube, ich habe mich bei der neuen gar nicht wirklich vorgestellt, sondern nur nach einer PDA gebrüllt. Vor meiner ersten Geburt wollte ich es ja eigentlich ohne schaffen, doch auch bei Marlene wurde es irgendwann so schmerzhaft, dass ich es ohne Schmerzmittel nicht mehr ausgehalten habe – und es war so eine Erleichterung! Deshalb wollte ich dieses Mal auch unbedingt eine haben… Doch dieses Mal war es leider etwas anders – die Hebamme hat mir eine riesige (Kochsalz)-Infusion angehängt mit den Worten „Das muss alles rein, erst dann kann ich die Anästhesistin rufen.“. Da ist in mir drin alles zerbrochen, denn ich wusste: Das geht sich nicht mehr aus! Denn bis diese 1,5 Liter in mir drin gewesen wären, die Anästhesistin da gewesen wäre, sie mich aufgeklärt hätte, ich die Formulare unterschrieben hätte, den Kreuzstich bekommen hätte und das Ganze endlich gewirkt hätte, wäre das Baby sowieso schon auf der Welt gewesen.
In diesem Moment hat mich einfach die pure Panik überrollt und ich wollte sowas von absolut nicht mehr. Genau da war es für mich vorbei und jeder einzige positive Gedanke war weg – und jede einzelne Wehe wurde noch schmerzhafter und ich hab nur noch geschrien. Ich war auf mich selbst angefressen, weil ich wusste, dass diese negativen Gedanken genau das Falsche in dieser Situation waren – aber ich konnte mich absolut nicht mehr motivierten und das Ruder rumreissen. Am liebsten wäre ich im Selbstmitleid versunken, doch eine Wehe nach der anderen hat mich rausgerissen.
Irgendwann setzten die Presswehen ein und ich habe einfach nur mehr funktioniert und gepresst, gepresst, gepresst und gleich gemerkt: Auch dieses Baby steckt schon wieder (schon bei Marlene musste geschnitten werden)! Ich hab gleich geschrien „Bitte schneidet doch einfach!“, weil ich genau wusste, worauf das hinaus läuft, doch die Hebamme wollte mich immer weiter motivieren und mich nicht verletzen. 20 Minuten ging dieses „Spiel“ weiter – eine Presswehe nach der anderen kam und es ging nichts weiter. Es tat nur so weh wie nichts in meinem Leben zuvor und war nur absolut frustrierend. Meine letzte Energie habe ich irgendwann nicht mehr fürs Pressen vergeudet, sondern nur mehr, um „Schneiden, schneiden“ zu schreien. Und endlich hörten sie auf mich und bereiteten den Schnitt vor – ich muss wirklich sagen, ich hab mich darauf so extrem gefreut! Bei Marlene wurde der Schnitt mehr oder weniger heimlich vorbereitet und es sollte eine Überraschung werden (ich habs trotzdem mitbekommen und hatte damals so Angst), dieses Mal wurde ganz offen darüber geredet – ich war wirklich noch nie so erleichtert! Und endlich war es soweit – es wurde geschnitten… Und um 19:37 Uhr war Martin endlich da!!
Endlich war er da
Endlich war er da – und ich konnte mich nicht mal wirklich freuen. Auch in diesen ersten Minuten habe ich mich so über mich selbst geärgert, weil ich so kaputt war, dass ich keine Freude aufbringen konnte. Ich war einfach so am Ende meiner Kräfte und nur froh, dass es endlich vorbei war. Er wurde mir gleich auf die Brust gelegt, aber ich habe leider überhaupt nicht die Freude gespürt, die ich bei meiner ersten Geburt hatte. Im Gegenteil – ich wollte sogar, dass er wieder von mir weggenommen und erstmal versorgt wird.
Die Nachgeburt war schnell da und dann wurde ich versorgt und genäht – und auch das hat so unfassbar weh getan. Bei meiner ersten Geburt habe ich davon überhaupt nichts gespürt. Aber ich glaube, ich war da mental so „zerstört“, dass mein Körper überhaupt nichts mehr wegstecken konnte. Im Nachhinein wurde mir gesagt, dass ich so einen extrem starken Beckenboden habe, dass es bei mir ohne schneiden niemals gegangen wäre – und ich das Problem auch bei einem nächsten Kind hätte und ich das gleich von Anfang an sagen müsse (Spoiler: Never ever gonna happen 😉 !).
Es geht bergauf
Obwohl die letzte Phase meiner Geburt für mich so schlimm war, ging es eigentlich extrem schnell bergauf. Nach nur wenigen Minuten wurde ich gefragt, ob ich schnell duschen möchte – und ich konnte tatsächlich schnell das ganze „Elend“ von mir abwaschen. Danach war irgendwie alles leichter. Ich habe Martin angelegt, er hat gesaugt… und irgendwie war ab diesem Moment einfach alles gut und quasi vergessen.
Was nicht ganz so schön war – eigentlich wurde uns zugesichert, dass Matthias 2 Stunden nach der Geburt dableiben darf und noch kurz mit mir aufs Zimmer darf und mir auspacken helfen kann. Doch dank der Corona-Maßnahmen zu dem Zeitpunkt wurde er regelrecht aus dem Krankenhaus geworfen – nach ungefähr 45 Minuten hieß plötzlich, er muss sich JETZT verabschieden… Wir konnten uns nur schnell am Gang verabschieden, dann musste ich alleine aufs Zimmer. Alleine? Nein 🙂 Ich hatte mein schönstes zweites Geschenk mit dabei…
Auch nach dieser Geburt war ich 5 Tage im Krankenhaus – auch Martin war wie Marlene extrem klein und leicht, weshalb die Ärzte drauf schauen wollten, wie er zunimmt. Für mich hat es grundsätzlich auch gut gepasst, immerhin hatte ich eine Geburtsverletzung (die übrigens nie Probleme gemacht hat, die habe ich kein einziges Mal gespürt) und ich wollte noch bis zum Milcheinschuss warten… Komisch war, dass Matthias nur eine Stunde pro Tag zu Besuch sein durfte (2x kam er gemeinsam mit Marlene, was aber für mich extremen Stress bedeutete) und er der einzige Besuch war (außer einem ganz lieben Freund, der in diesem Krankenhaus Arzt ist). Doch Martin und mir hat die Zeit total gut getan – wir hatten unsere absolute Ruhe und konnten uns so richtig kennenlernen (bei einem Geschwisterkind hat man zuhause ohnehin nicht mehr so viel Ruhe)!
Ja, diese Geburt war nicht die, die ich mir gewünscht hätte und erst jetzt beim Schreiben dieser Zeilen wird mir wieder klar, wie heftig das Ganze eigentlich war… und trotzdem war es eines der zwei Erlebnisse, die ich sofort wieder durchmachen würde – einfach weil mir dadurch mein zweites Kind „geschenkt“ wurde. Das ist es so wert! Jede einzige Anstrengung, jeder Schmerz – das alles ist es so wert! Martin, du warst das letzte Puzzleteil, das uns gefehlt hat!
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